Pressemitteilung 29.10.2016 – Seeadlerschutz Schlei e.V.

Windkraftfirma plant 6 x 180m hohe Windkraftanlagen inmitten des Seeadlergebietes in der Gemeinde Dörphof (Kreis RD-ECK)

Windparks in Rieseby und Holzdorf weiterhin in Planung, Windpark Loose soll erweitert werden

 

Nun bewahrheitet sich, wovor unser Verein stets gewarnt hatte: Die Potentialflächen in der so genannten „Goldkarte“ für Schleswig-Holstein, welche für die Halbinsel Schwansen lt. Gutachterbüro OLAF exakt 101 Windkraftanlagen möglich machen könnten, haben Windkraftfirmen nun auf den Plan gerufen.

Landeigentümer, auf dessen Flächen Windkraft ggf. möglich wäre, wurden bezüglich konkreter Planungen angeschrieben und mit horrenden Pachten pro Windkraftanlage gelockt. So möchte die Firma „Nadeva Wind GmbH“ aus Glücksburg in enger Zusammenarbeit mit der „Trianel GmbH“ allein auf dem Gebiet der Gemeinde Dörphof sechs Windkraftanlagen vom Typ Siemens SWT-2.3 mit einer jeweiligen Höhe bis zu 180m (Vergleich Kölner Dom 157m) errichten.

Hinzu kommen ein Stück weiter 10-12 Anlagen auf Gemeindegebiet von Damp und Thumby. Ab dem Jahr der Inbetriebnahme versprechen die Anbieter den Landeigentümern nach den uns schriftlich vorliegenden Dokumenten eine Mindestpacht von 45.000 bis 50.000 € jährlich pro Anlage. Aufgrund der staatlichen Subventionen sichern sie diese Pachteinnahme auf 20 Jahre zu und bieten obendrein noch eine Option von weiteren 10 Jahren.

Die Flächen liegen überwiegend im Bereich des Besitztums des Prinzen zu Schleswig-Holstein und des Herrn Weller von Ahlefeld vom Gut Olpenitz.

Für den Bestand der hiesigen Seeadlerpopulation hätte die Errichtung weiterer Windkraftanlagen in derartig sensiblen Gebieten der Region starke negative Folgen. Die Nähe zum Karlsburger Gehölz und weiteren Waldstücken, die als Schlafplatz immaturer Seeadler dienen sowie die Nähe zu Seeadlerhorsten muss dazu führen, dass diese Flächen in der evtl. noch in diesem Jahr veröffentlichten neuen Fassung der Regionalplanung keine Beachtung mehr finden. Dies sollte zumindest in Anlehnung an das von den staatlichen Vogelschutzwarten der deutschen Bundesländer erarbeitete „Neue Helgoländer Papier“, welches inzwischen auch in der Judikatur wissenschaftlich Anerkennung fand, lt. Vorstellung in den Regionalkonferenzen u.a. in Rendsburg so sein.

Jedoch stufte die Staatskanzlei im April die potenziellen Beeinträchtigungsbereiche für Großvögel, in denen sie durch die Rotorblätter der Windkraftanlagen signifikant gefährdet sind, kurz nach der Vorstellung auf den Regionalkonferenzen, vom weichen Tabukriterium, also Ausschlusskriterium für die Errichtung von Windkraftanlagen, zum Abwägungskriterium ab. Selbst Flächen, die einst als Ausgleichsflächen bereitgestellt wurden und ausschließlich dem Naturschutz dienen müssen, sind nun nicht mehr vor der Bebauung mit Industrieanlagen geschützt.

Seeadler überfliegen die betroffenen Flächen auf Schwansen täglich auf dem Weg zu ihren Nahrungshabitaten etwa am Schwansener See. Zudem ist das Gebiet für weitere sensible Arten über Jahrzehnte als Nahrungshabitat bekannt. So überwintern z.T. hunderte von Singschwänen dort, die aus Skandinavien und Rußland zu uns fliegen und in den nächsten zwei Wochen wieder mit bis zu 2.000 Individuen erwartet werden. Die Population steht im europäischen Rang und Flächen mit einem derartig hohen Vorkommen an Individuen sind regelmäßig der europäischen Kommission zu melden. Wissenschaftlich erwiesen ist mittlerweile auch die Bestandsgefährdung des Bussards durch Windkraft, welche den EU-Bestimmungen widerspricht. Für Seeadler und Co. wäre der Bau dieser Industrieanlagen signifikant gefährdend.

Auch wenn die Gemeinden in Sachen Windkraft so gut wie kein Mitspracherecht haben, waren die Gemeinderatsbeschlüsse der betroffenen Gemeinden (Damp 26.5.2016, Dörphof 30.5.2016 usw.) aus unserer Sicht verheerend. Völlig verfrüht reichte man eine von einem Gutachterbüro erarbeitete Stellungnahme an die Staatskanzlei ein, die inhaltlich die Errichtung von 26 Großwindanlagen in den Gemeinden Damp, Dörphof, Thumby, Loose, Waabs und Rieseby für zulässig auswies. Ein klares Signal an Staatskanzlei und Windkraftbetreiber, dass man dies als Gemeinde befürwortet. Als Verein haben wir hiervor gewarnt, teils bekamen wir Sprachrecht in den Gemeinderatssitzungen, teilweise wurde uns dies verwehrt. Einzig die Gemeinde Rieseby hatte sich entschlossen, auf diese verfrühte Stellungnahme zu verzichten und die für den Jahreswechsel zu erwartende Veröffentlichung der neuen Regionalplanung abzuwarten. Im Anschluss bleiben schließlich 4 Monate Zeit, ausführlich zu jeder einzelnen Potentialfläche Stellung zu nehmen. Nachdem man der Halbinsel Schwansen aus heute noch unerklärlichen Gründen den Status des charakteristischen Landschaftsraums, in welchem Windkraft unmöglich war, aberkannte, versucht man nun weiter den Artenschutz mit Füßen zu treten. Da hilft auch keine für den 9. November speziell zu diesem Thema geplante Einwohnerversammlung in der Gemeinde Dörphof, da die Meinung der Bevölkerung in Sachen Windkraft bekanntlich irrelevant ist.

Wir hoffen, dass die Landeigentümer sich moralisch verpflichtet sehen, das Landschaftsbild zu erhalten und sich für die Seeadler, Kraniche, Singschwäne usw. und gegen die Errichtung dieser riesigen Industrieanlagen entscheiden.

Auch im umstrittenen Windpark Loose sowie zu den geplanten Windparks Saxtorf (Gemeinde Rieseby) und Maasleben (Gemeinde Holzdorf) gibt es Neuigkeiten: In Loose wurde neben den 5 bereits errichteten Anlagen nun eine weitere beantragt. Nach unseren Anzeigen wegen des Verstoßes gegen die Genehmigungsauflagen in Loose, ist nun das Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (LLUR) aktiv geworden und hat zumindest „im Rahmen einer Regelüberprüfung“ Aufzeichnungen zum Fledermausschutz angefordert.

Neben den geplanten und beantragten 6 x 200m hohen Windkraftanlagen auf dem Gebiet der Gemeinde Rieseby wurden weitere zwei Anlagen mit 150m Höhe beantragt.

Waren Amt Schlei-Ostsee, die Gemeinde Holzdorf, der Denkmalschutz und auch der Seeadlerschutz Schlei e.V. davon ausgegangen, dass der geplante Windpark in Holzdorf endgültig in den Planungsschubladen der Vorhabenträger verschwunden ist, so eröffnet die Herabstufung der Nähe zu Seeadlerhorsten zum Abwägungskriterium den Betreibern neue Chancen. Allerdings dürfte aus unserer Sicht die mit Fehlern behaftete Veröffentlichung der „Goldkarte“ ggf. ein rechtliches Nachspiel haben. Die Karte wurde nämlich nach der Entscheidung der Staatskanzlei im April des Jahres nicht angepasst. So ist die Potentialfläche in Holzdorf nicht aufgeführt, was unseren Verein keinesfalls dazu veranlasst hat, nicht weiterhin das Artenvorkommen zu dokumentieren. Rechtlich relevant könnte es aber mit Hinblick auf ein weiteres Abwägungskriterium wie etwa den Denkmalschutz werden, welcher keine Veranlassung sieht aktiv zu werden, wenn eine Fläche überhaupt nicht betroffen scheint.

Auffällig scheint uns das Dilemma zu sein, in dem die Staatskanzlei derzeit steckt: Will man das Ziel erreichen, 300% Erneuerbare Energien in Schleswig-Holstein zu schaffen, so müssen Flächen hierfür geschaffen werden. Es wird immer deutlicher, wie hierbei der Naturschutz gegen den Schutz der menschlichen Gesundheit, Werteverlust von Immobilien etc. ausgespielt wird. Beim Jonglieren zwischen den unterschiedlichen Interessen, scheinen die Verantwortlichen längst die Übersicht verloren zu haben.

Unser Verein wird sich mit einer Fülle an Dokumenten in aller Ruhe nach der Veröffentlichung der Regionalplanung mit einer ausführlichen Stellungnahme am Verfahren beteiligen.

Übrigens: An jedem Tag der zu Ende gehenden Woche, haben Mitglieder unseres Vereins bis zu 15 Individuen des Seeadlers auf und über den betroffenen Windkraftflächen gezählt.

Frank Dreves (Vorsitzender)

Seeadlerschutz Schlei e.V.

Gammelbyer Weg 6 – 24354 Sönderby

Tel. 04355 – 999 890

0160 – 4848 926

 

Fotos anbei © Frank Dreves www.seeadlerschutz.de