Als ich am vergangenen Donnerstag auf NDR 1 hörte, dass das Naturschutzgebiet Reesholm bei Schleswig für Besucher komplett abgeriegelt wird, war ich richtig froh, genau am Tag zuvor für eine längere „Fotosession“ dort gewesen zu sein. Während der gut fünf Stunden, die ich mich da aufgehalten hatte, begegneten mir lediglich drei Menschen, die sich alle sehr vernünftig verhielten. Allerdings fielen mir der aus den Halterungen gerissene Schlagbaum sowie Fahrspuren von Autos im Naturschutzgebiet auf…

Für mich selbst war der Tag auf der Halbinsel Reesholm ein wunderschönes Erlebnis. Natur so hautnah begleiten zu dürfen, ist ein wahres Geschenk. Dazu braucht der einzige Weg durch das Gelände nicht einen Millimeter verlassen zu werden: Verharrt man länger, mitunter eine Stunde, auf einem Fleck, wird man in die Natur „eingegliedert“.

Plötzlich nähern sich Blaukehlchen auf „Griffweite“, Kuckucke nehmen dich nicht mehr als Feind wahr und Rohrsänger schmettern ihr Lied in unmittelbarer Nähe. Zirka 40 Kraniche ziehen über den Himmel und landen am Spülsaum der Schlei, um in friedlicher Nachbarschaft zu den Robustrindern Nahrung aufzunehmen. Ein adulter Seeadler, vielleicht vom Burgssee, betrachtet aus geringer Entfernung auf einem Pfahl sitzend das Geschehen. Mauersegler und Schwalben jagen in niedriger Höhe hinter Insekten her und Schafstelzen sowie Limikolen suchen auf trocken gefallenem Gelände nach Nahrung. Die ganze Szenerie ist eingetaucht in ein Zwitschern und Sirren. Eine echte Idylle!

Wirklich schade ist, dass scheinbar viele Menschen so ein Juwel wie Reesholm nicht zu schätzen wissen und – wie ich hörte – am Himmelfahrtstag und dem darauffolgenden Wochenende als „grölende und teils pöbelnde Masse“ den dort wohnenden Tieren und vernünftigen Besuchern das Leben erschwerten. Von Wasserseite her sollen zudem Paddler und Surfer bis in den Schilfgürtel gefahren sein.

Die komplette Abriegelung der Halbinsel ist da leider die traurige, aber logische Konsequenz.

Wolfgang Herda