Stellungnahme Seeadlerschutz Schlei e.V. zum 4. Entwurf der Regionalpläne Windkraft
Der 4. Entwurf der Regionalplanung Windkraft weist allein auf der Halbinsel Schwansen eine Fläche von 4.685.000 Quadratmetern (468,5 ha) als Windvorrangfläche aus. Das entspricht der Fläche von 656 großen Fußballfeldern. Weitere Potenzialflächen, beispielsweise in Barkelsby, Holzdorf und Thumby wurden nur deshalb nicht als Vorrangfläche ausgewiesen, weil Seeadler nach Auffassung der Landesplanung gefährdet seien.
Aus Sicht des Seeadlerschutz Schlei e.V. ist dies jedoch zu kurz gegriffen. Seeadler streifen ganzjährig über die gesamte Halbinsel und überfliegen alle ausgewiesenen Windvorrangflächen täglich. Seeadler, Rotmilane, Mäusebussarde und andere Vögel umfliegen die Windparks nicht etwa, im Gegenteil, sie finden dort Aas – von den Rotorblättern erschlagene Vögel! So wird die Windkraft auch für den größten bei uns lebenden Greifvogel zur signifikanten Gefahr. Diese Kettenreaktion ist fatal! Häufig werden Greifvögel von Krähen oder Kolkraben gehasst (ornithol. für vertreiben, verjagen). Dabei können sie ebenfalls in die Rotoren geraten.
Vergiftungsfälle in der Nähe von Windpotenzialflächen, denen die Genehmigung zum Bau von Windkraftanlagen aufgrund der Existenz von Seeadlern oder Rotmilanen verwehrt bleibt, nehmen deutschlandweit zu, was jüngste Beispiele aus dem Kreis Plön/Neumünster verdeutlichen. Auch wenn es von den Windkraftverbänden vehement bestritten wird, ein Zusammenhang zwischen Windkraftplanungen und Greifvogelvergiftung sowie dem Zerstören von Nistplätzen ist deutlich zu erkennen. Hier könnten Windkraftfirmen, allein aus Eigeninteresse, wesentlich mehr dazu beitragen, dass Verstöße gegen den Naturschutz verhindert werden.
Enttäuscht zeigt sich der Seeadlerschutz Schlei e.V., dass die Landesregierung dem Vorschlag eines Telemetrieprojektes nicht nachkommt: Wir schlagen vor, dass zur nächsten Brutsaison alle Seeadlerjungen in der Region Schwansen, Hüttener Berge und Dänischer Wohld besendert werden. Ein Baumkletterer aus den Hüttener Bergen hat uns bereits angeboten, die Arbeiten an den Horsten ehrenamtlich zu übernehmen. Die Besendung würde am Boden durch Fachpersonal erfolgen. Über drei Jahre sollen dann die Flugbewegungen des Seeadlernachwuchses über GPS verfolgt und ausgewertet werden. Die Finanzierung eines solchen Projektes ist kein Problem. Im Ergebnis ließe sich deutlich feststellen, in welchen Bereichen Windkraftplanungen dem Artenschutz nicht entgegenstünden. Es ließe sich aber eben so deutlich erkennen, wo eine signifikante Tötungsgefahr des deutschen Wappenvogels bestünde und wo ggf. sogar durch das Errichten von Windkraftanlagen ein Verstoß gegen das Tötungsverbot wahrscheinlich wäre.
In Rieseby muss die Auswertung eines durch die Gemeinde beauftragten faunistischen Gutachtens abgewartet werden. In mehreren Gemeinden gilt es zudem abzuwarten, wie sich die Landesplanung in Bezug auf die beschlossenen Veränderungssperren verhält und wie die Termine zu Normenkontrollklagen vor den Gerichten ausgehen.
Immer wieder haben wir davor gewarnt, dass es nicht genügt, sich in den Stellungnahmen auf in den Planungsentwürfen als Vorrangflächen deklarierte Gebiete zu konzentrieren, sondern auch die Potenzialflächen im Auge zu behalten. Im Fall Börentwedt und Dörphof ist nun das eingetroffen, was wir stets befürchteten, über 116 ha Vorrangfläche sind dazu gekommen. Eine neue Einschätzung zu Außenbereichen hat u.a. zu dieser Veränderung geführt. Kurios erscheint hingegen die Neueinschätzung der Bundeswehr, welche die Ausweisung von Windvorrangflächen für die Flugsicherheit nun offen sichtlich als nicht weiter gefährlich einstuft.
Der Artenschutz wurde viel zu wenig berücksichtigt. An das Karlsburger Gehölz (FFH-Gebiet) darf die Windkraft nun derartig dicht heranrücken, dass wir uns tatsächlich fragen müssen, wer diese schwerwiegende Entscheidung traf.
Auch wurde die landesweit bedeutende Anzahl überwinternder Singschwäne in der Region nicht berücksichtigt. Hierüber werden wir die deutsche Kommission in Brüssel unterrichten und um Prüfung bitten.
Ebenfalls werden wir nun Kontakt zum UNESCO Welterbekomitee in Paris aufnehmen, welches die Weltkultur- und Naturerben der Menschheit verwaltet, zu denen auch Haithabu/Danewerk gehört. Landschaftsschutz muss eng mit dem Artenschutz verbunden bleiben. Es gilt zu überprüfen, ob durch Windkraftanlagen Sichtachsen auf das Welterbe derartig zerstört werden, dass der noch junge Status als Welterbe möglicherweise in Gefahr geraten könnte.
468,5 ha Windparks auf Schwansen sind ein derartig schwerwiegender Eingriff in die Natur, dass wir befürchten müssen, dass zukünftig viele weitere Vögel und Fledermäuse einen qualvollen Tod an den Industrieanlagen finden werden.
Umso wichtiger sehen wir unsere zukünftige Arbeit zu dieser Thematik. Wir werden uns jetzt darauf konzentrieren müssen, dass in den Genehmigungen der Natur- und Artenschutz nicht zu kurz kommt. Es genügt aber nicht, dass die Genehmigungen beispielsweise Auflagen zum Schutz von Fledermäusen oder Bodenbrütern beinhalten, die Auflagen müssen auch eingehalten werden. Als Verein sind wir bereit, diesbezüglich Gespräche mit den Windkraftfirmen zu führen und unsere Hilfe anzubieten.
Eines machen wir jedoch bereits heute deutlich: Wie auch beim Bau der bestehenden Windkraftanlagen in Loose, werden wir beobachten und dokumentieren, ob gegen Genehmigungsauflagen verstoßen wird und Verstöße gegen Naturschutzauflagen konsequent zur Anzeige bringen. Ein zweites „Loose“ darf es nicht geben!
Foto anbei: Seeadler vor Windkraftanlage am Goossee / Eckernförde (Foto: Frank Dreves)
Seeadlerschutz Schlei e.V.
Frank Dreves (1. Vorsitzender)
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