von Frank Dreves / Bremerhaven 26.2.2021 / Die Nachrichten über getötete Kraniche, Rotmilane, Mäusebussarde, Seeadler und weitere Arten, an Windkraftanlagen in ganz Deutschland bzw. in ganz Europa, sind mittlerweile zur Gewohnheit geworden. Doch immer wieder schockieren die Bilder der verendeten Vögel. Heute war es ein junger Seeadler, der zerteilt unter einer Windkraftanlage bei Bremerhaven gefunden wurde. Der Adler wurde in Holland beringt und besendert, so dass Peter de Boer von den niederländischen Vogelschützern nachverfolgen konnte, dass der Adler bereits seit 2 Tagen unter der Windkraftanlage lag und schließlich die deutschen Kollegen um Hilfe bat. Die Senderanbringung am Seeadler fand 2019 in Dordtse Biesbosch in Südholland statt. Seit 2019 besendern die Naturschützer in den Niederlanden Seeadler. Mittlerweile können die Bewegungen von 10 Seeadlern über https://portal.werkgroepzeearend.nl/ verfolgt werden. Genau diese Forderung nach einem solchen Projekt stellen wir seit Jahren an das Land Schleswig-Holstein und wundern uns, dass nicht endlich eingelenkt wird. Offensichtlich ist der Druck durch die Windkraftlobby auf die Landesregierung zu groß und man möchte in Kiel nicht wissen, wenn eine Windvorrangfläche aus der Regionalplanung doch nicht mit dem Artenschutz vereinbar ist. Und dabei wäre es so einfach: Die etwa 40 jungen Seeadler, die als Nestlinge in jedem Jahr beringt werden, könnten ebenso besendert werden. An Finanzierung und Betreuung würde die Umsetzung nicht scheitern – dass wissen Ministerpräsident Daniel Günther und seine Koalitionskollegen von FDP und Grünen. Ich selbst habe es ihnen vor dem Landtag verdeutlicht. Innerhalb von 3 Jahren könnten also etwa 100 junge Seeadler mit den kleinen Sendern ausgestattet werden und jederzeit wäre eine Überprüfung darüber möglich, wo sich ein Adler aufhält oder wo er zu finden ist, wenn er sich, wie jetzt im Fall des Seeadlers in Bremerhaven, nicht mehr bewegt, er also – aus welchen Gründen auch immer – verendet ist. Für die Wissenschaft brächten die Daten wichtige Erkenntnisse und beim Streit um die Windkraft würde ein solches Projekt Klarheit bringen. Klarheit, die nicht gewollt ist? Diesen Eindruck müssen wir zumindest gewinnen, denn anders lässt es sich nicht erklären, warum man es sehenden Auges zulässt, dass immer mehr Großvögel an Windkraftanlagen zu Tode kommen. Gern wird durch den Bundesverband der Windenergie mit einer Grafik darauf hingewiesen, wie viele Vögel in jedem Jahr durch Hauskatzen erbeutet werden oder etwa durch die Kollision mit Fensterscheiben verenden. Dies wird selbstverständlich in dem Bewusstsein als Vergleich herangezogen, dass weder der Bestand der Blaumeise noch der Amsel gefährdet ist und vermutlich noch nie eine Katze einen Seeadler erbeutet hat. Gern verweist man auch auf die Ergebnisse der vom Ministerium (für Energiewende) mit finanzierten Projektgruppe Seeadlerschutz. Trotz des Windkraftzubaus sei der Seeadlerbestand stabil und die Entwicklung der vergangenen Jahre positiv. Dies widerspricht der Aussage des Windkraftlobbyverbands, welcher seit Jahren beklagt, dass es kaum einen Windkraftzubau gibt. Dieser steht nun aber dem ganzen Land bevor, denn durch die kürzlich verabschiedete Regionalplanung sind viele neue Flächen hinzugekommen, auf denen die Windkraft nun Vorrang hat. Fraglich ist auch, warum es nicht längst mehr Seeadlerreviere gibt, wenn in Schleswig-Holstein doch jedes Jahr so viele junge Adler flügge werden. Nachdem die Adler ihr elterliches Revier verlassen, streifen sie einige Jahre umher, bevor sie sich mit einem Partner ein eigenes Revier suchen. Seeadler aus Schleswig-Holstein werden auch in Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Dänemark und zum Teil weiter weg dokumentiert. Und so verhält es sich auch mit Adlern, die in anderen Bundesländern und im europäischen Ausland mit Ringen gekennzeichnet oder mit Sendern ausgestattet werden. Sie werden z.T. in Schleswig-Holstein beobachtet. Die meisten der Windkraftopfer werden nicht gefunden. Kein Windkraftbetreiber hat Interesse daran, dass eine seiner Industrieanlagen negativ in die Schlagzeilen gerät. Seeadler können sehr alt werden, deshalb sollte der Frage nachgegangen werden, wo der Seeadlernachwuchs bleibt, wenn die Zahl der Reviere ungefähr gleichbleibend ist. Das Bild des zerteilten Seeadlers aus Holland ist schwer zu ertragen. Tragen wir es um die Welt, damit immer wieder deutlich gemacht wird, dass eben nicht jeder Standort für Windkraft geeignet ist. Es liegt in der Hand der Politik, die Zahl derartiger Bilder zu verringern. Derzeit halten sich zwei weitere der niederländischen, besenderten Seeadler in Deutschland auf. Einer davon in Schleswig-Holstein, nahe Lauenburg an der Elbe. Hoffen wir, dass die Adler die deutschen Windparks umfliegen.

Frank Dreves, Vorsitzender – Seeadlerschutz Schlei e.V.

Gammelbyer Weg 6

24354 Sönderby

info@seeadlerschutz.de

Foto: Klaus Meyer, Wildtierauffangstation Rastede e.V. (Niedersachsen)