Soll eine Ordnungswidrigkeit vertuscht werden? – Kreisbehörde verlässt sich auf Aussagen eines Jagdausübungsberechtigten
Am vergangenen Wochenende erhielt der Seeadlerschutz Schlei e.V. den anonymen Hinweis, dass im Riesebyer Ortsteil Stubbe eine Jagd stattgefunden hätte, bei der ein auswärtiger Jäger verbotenerweise mit Bleimunition geschossen hätte.
Noch vor einigen Jahren war die Bleivergiftung eines der am häufigsten ermittelten Todesursachen bei verendet aufgefundenen Seeadlern im Norden. Individuen, die den nach einer Jagd hinterlassenen Aufbruch mit Blei geschossenen Wildes fraßen, nahmen Bleipartikel auf und verendeten später an einer Bleivergiftung. Schließlich wurde diese Munition in Schleswig-Holstein verboten und ein Großteil der Jäger hielt sich an die neue Vorschrift, so dass der Anteil an Bleivergiftung verendeter Adler deutlich zurück ging.
Aus der Riesebyer Bevölkerung kam schließlich der Hinweis, dass sich mindestens vier Seeadler an dem Kadaver eines Wildschweines auf einem Feld zwischen dem Gut Stubbe und dem alten Forsthaus zu schaffen machen. Umgehend gingen wir diesem Hinweis nach.
Und tatsächlich, mehrere Seeadler und etliche Krähen fraßen von einer verendeten Wildschweinbache. Eindeutig zu erkennen war – selbst für Laien – eine Schussverletzung unter dem Rücken der Bache (siehe beigefügtes Bild).
Aus welcher Entfernung und von wo der Schuss abgegeben wurde, konnte am Ort nicht geklärt werden. Auch ist es uns nicht möglich gewesen, die Munitionsart zu analysieren, da wir diesbezüglich keine Fachleute sind. Da das Feld umgeben von Hochsitzen ist, mussten wir zunächst davon ausgehen, dass die Bache nach dem Beschuss liegengelassen wurde oder eine Nachsuche nach einem nicht tödlichen Schuss ausblieb. Letzteres erschien uns als wahrscheinlich, da ein Jäger sein geschossenes Wild nicht achtlos zurücklässt.
Nach einer Information an den Ordnungsamtsleiter des Amtes Schlei-Ostsee, erfolgte durch uns die Anzeige beim Veterinäramt des Kreises RD-ECK. Wir machten auf eine mögliche Gefahr der Seeadlerpopulation durch Bleivergiftung aufmerksam. Des Weiteren erstatteten wir Anzeige wegen des Verdachts der ausgebliebenen Nachsuche und einer damit verbundenen Tierquälerei. Und wir forderten die Untersuchung des Kadavers auf ASP und Geschossart.
Aus diesem Grund leitete das Kreisveterinäramt die Anzeige an die Jagdaufsichtsbehörde des Kreises weiter. Diese setzte sich mit dem Jagdausübungsberechtigten des betroffenen Reviers in Verbindung. Dieser bestätigte zwar, dass eine Jagd in seinem Revier stattgefunden hätte, bestritt aber den Vorwurf, dass ein Jäger mit Blei geschossen hätte. Ebenso behauptete er, dass während der Jagd auf keine Bache geschossen worden sei und wies den Vorwurf der ausgebliebenen Nachsuche zurück. Nach einer Untersuchung des Kadavers durch den Jagdausübungsberechtigten, behauptete dieser, es gäbe keine Schussverletzung – vielmehr sei die Bache vermutlich an der nahegelegenen Bahnstrecke vom Zug erfasst worden und später auf dem Feld verendet.
Mehrere Jäger aus der Umgebung setzten sich mit uns in Verbindung und sagten uns ihre Unterstützung zu. Anhand des Bildmaterials ist für jeden Jäger, dem wir den Fall schilderten, klar, dass es sich um einen Schuss handeln muss.
Für uns steht fest, dass hier eine „Ordnungswidrigkeit“ vertuscht werden soll. Die Aussage des Jagdausübungsberechtigten ist im Kreishaus offen sichtlich gewichtiger als die Hinweise unseres Vereins. Wir sind enttäuscht, dass die Untersuchung des Kadavers nicht durch das Amt stattgefunden hat. Man stelle sich einmal vor, ein ganz normaler Bürger wird angezeigt, weil er in seinem Vorgarten die asbestbelasteten Platten seines alten Hausdaches entsorgt hat und die zuständige Behörde überlässt dem Beschuldigten die Überprüfung des Vorwurfes – was ginge durch die Bevölkerung für ein Aufschrei?
Der Seeadlerschutz Schlei e.V. wird nun weitere, aus seiner Sicht notwendige Schritte einleiten.
Frank Dreves
Vorsitzender
Seeadlerschutz Schlei e.V.
Mobil 0160 – 48 48 926