Der Seeadlerschutz Schlei e.V. hat im Beteiligungsverfahren der Teilaufstellung des Regionalplans (Windkraft) der Planungsräume I und II fristgerecht knapp 100 Stellungnahmen zu Vorrangflächen für Windkraft in den Kreisen Rendsburg-Eckernförde und Schleswig-Flensburg beim Innenministerium Schleswig-Holstein eingereicht.
„Wenn diese Pläne realisiert werden, würde die jahrzehntelange ehrenamtliche Arbeit der Adlerschützer in Schleswig-Holstein zunichte gemacht!“
Die Belange des Artenschutzes werden im gesamten Entwurf und speziell in vielen Datenblättern zu einzelnen Flächen nicht oder zu wenig berücksichtigt.
- Grundsätzlich fordert der Seeadlerschutz Schlei e.V. seit Jahren, dass der gesamte Kreis RD-ECK mit seinen derzeit 24 Seeadlerrevieren im zu überarbeitenden Landschaftsrahmenplan SH als Seeadlerdichtezentrum ausgewiesen wird.
Im landesweiten Vergleich der Kreise Schleswig-Holsteins weist der Kreis RD-ECK einen überproportional hohen Anteil an Wasser- und Waldflächen sowie Niederungsgebieten auf. Mit den vier von sechs schleswig-holsteinischen Naturparken (Aukrug, Westensee-Obere Eider, Hüttener Berge und Schlei), ausgewiesenen FFH- und NATURA 2000-Gebieten sowie vielen Wasserflächen, welche den Seeadlern hervorragende Bedingungen als Nahrungshabitate bieten, wird der Kreis RD-ECK immer vergleichbarer mit dem einzigen Seeadler-Dichtezentrum in Schleswig-Holstein, überwiegend im Kreis Plön. Insbesondere während der kalten Jahreszeit bietet das große Wildvorkommen im Kreis RD-ECK zusätzlich ein optimales Nahrungshabitat durch anfallendes Aas.
Das Tötungsrisiko durch zusätzliche Windkraftanlagen, ist für die Population der Seeadler (Brutvögel, Jungvögel, immature Adler sowie durchziehende Individuen) im Kreis RD-ECK sowie in Teilen des Kreises SL-FL dermaßen signifikant, dass eine weitere Genehmigung für den Bau von Windkraftanlagen dort als Handeln wider besseres Wissen gegen das Tötungsverbot gesehen werden muss.
Mit Blick auf das dänische Telemetrieprojekt ist deutlich zu erkennen, wie regelmäßig besenderte Seeadler aus dem Projekt die Windkraftvorrangflächen aus dem vorliegenden Entwurf durchkreuzen. Es besteht auch für diese Individuen eine große Tötungsgefahr durch weitere Windkraftanlagen im Kreisgebiet.
Die Verkürzung des Schutzabstands zwischen Windkraftanlagen und Seeadlerhorsten von 3.000m (6.000m) auf nunmehr 500m/2.000m, widerspricht den wissenschaftlichen Ausarbeitungen der Länderarbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten im so genannten Neuen Helgoländer Papier.
Der Abstand zwischen Windkraftanlage und Rotmilanbrutplatz wurde noch einmal von 1.500m auf 500m/1.200m verkürzt. Etliche Rotmilane im Kreis RD-ECK werden dadurch signifikant gefährdet.
Doch selbst entgegengesetzt dieser gegen die wissenschaftlichen Erkenntnisse der deutschen Vogelschutzwarten neu festgelegten Schutzabstände, werden etliche Ausnahmen zum Tötungsverbot, zugunsten der Anlagenbetreiber, im Entwurf formuliert. Hierzu bedient man sich argumentativ des Seeadlerdichtezentrums überwiegend im Kreis Plön, welches den Seeadlerbestand in Schleswig-Holstein sichern würde. Dem wird durch uns widersprochen. Seeadler lassen sich nicht in einem Zentrum einkesseln, sie kennen keine Grenzen und ihr Bestand kann niemals durch ein solches einziges Dichtezentrum bewahrt werden. Die wahrscheinliche Tötung einzelner Individuen wird beispielsweise in dem Datenblatt zu einer Vorrangfläche in Loop, Krogaspe (PR2_RDE_034) deutlich, wo es da heißt:
„Zum anderen wird das erhöhte Tötungsrisiko des betroffenen Individuums hingenommen, da durch die Freihaltung anderer Bereiche sowie aufgrund weiterer Ausschluss- und Abwägungskriterien des Natur- und Artenschutzes ein guter Erhaltungszustand der Population gewährleistet werden kann. Insbesondere trägt dazu das Dichtezentrum für Seeadler bei, das den stabilen Kern der Seeadlerpopulation Schleswig-Holsteins bildet. Die hier lebenden Vorkommen besitzen eine herausragende Bedeutung für den Erhaltungszustand der Gesamtpopulation Schleswig-Holsteins. Daher wird der Bereich um die bestehenden Windenergieanlagen als Vorranggebiet übernommen.“
Diese Argumentation macht deutlich, wie die Tötung von Rotmilanen und Seeadlern billigend in Kauf genommen werden soll und zieht sich wie ein roter Faden durch die Datenblätter der einzelnen Flächen. In diesem Zusammenhang verweisen wir auf ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts 7 C 10.24 vom 11.9.2025 und auf die Pressemitteilung des Bundesverwaltungsgerichts Nr. 66/2025.
Es wird abgewogen, ob ein Schutzbereich vorbelastet ist, d.h., ob sich innerhalb des Schutzbereiches für Seeadler und Rotmilane bereits eine Windkraftanlage in Betrieb befindet ODER ein Betrieb geplant ist. Ein ohnehin gefährdetes Individuum soll somit mit großer Wahrscheinlichkeit der Windkraft geopfert werden. Wir sind überzeugt davon, dass dieses Vorgehen mit europäischem Recht nicht vereinbar ist und erwarten, dass die entsprechenden Vorrangflächen aus dem Entwurf gestrichen werden.
Es werden Aussagen der Naturparkpläne für eine Beurteilung möglicher Vorranggebiete herangezogen. Diese Pläne gelten den Belangen von Erholung und Tourismus. Eingriffswirkungen werden damit nicht geprüft. Es ist unserer Ansicht nach nicht relevant, ob eine Vorrangfläche innerhalb der „Kernzone“ eines Naturparks liegt, so wie immer wieder in einzelnen Datenblättern argumentiert wird. Die Grenzen eines Naturparks sind bewusst und eindeutig gezogen. Windkraftanlagen sollten gänzlich aus Naturparken ferngehalten werden. Eine Errichtung von Windkraftanlagen in Naturparken widerspricht unserer Ansicht nach dem § 27 (2) „Naturparke“ im BNatSchG, so es dort heißt:
„Alle Handlungen, die zu einer Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung des Naturschutzgebiets oder seiner Bestandteile oder zu einer nachhaltigen Störung führen können, sind nach Maßgabe näherer Bestimmungen verboten.“
Hinzukommt, dass der Verfasser des Entwurfs beispielsweise die Kernzone des Naturparks Schlei auf das Gewässer Schlei beschränkt. Es erschließt sich uns nicht, woher er diese Erkenntnis nimmt, und es wird dem unsererseits widersprochen.
Biotopverbundsysteme mit regionaler Bedeutung werden vernachlässigt.
Es ist aus dem Gesamtschriftstück erkennbar, dass es sich bei dem Vorhaben, mehr Vorrangflächen für die Windkraft auszuweisen, primär um „Klimaschutz“ handeln soll. Dass Moor- und Niederungsgebiete deshalb nicht grundsätzlich als Schutzgut angesehen werden, ist für uns nicht erklärbar und widerspricht den bisherigen Vorhaben zum Moorschutz auf Landesebene sowie nationaler und internationaler Ebene:
„Es scheint, als hätten hier einige Personen im Biologieunterricht nicht richtig aufgepasst!“
Teilweise wurden Brutplätze von Rotmilanen und Baumfalken nicht berücksichtigt. Genauso wie Rast- und Schlafplätze von Kranichen und Singschwänen mit landesweiter Bedeutung.
Da bereits heute bekannt ist, dass ein eindeutiger Konflikt zwischen Artenschutz und Windkraft besteht, gehen wir davon aus, dass der Großteil der in diesem Entwurf ausgewiesenen Vorrangflächen entfällt. Sollte es (politisch bedingt) dennoch zu einer Genehmigung kommen, die hier im Entwurf ausgewiesenen Windvorrangflächen mit Windkraftanlagen zu bebauen, sind inhaltlich unbedingt entsprechende Abschaltzeiten zum Schutze von
- Fledermäusen
- Großvögeln
aufzuführen.
Die Einhaltung der Genehmigungsauflagen ist regelmäßig durch die genehmigende Behörde zu kontrollieren. Sieht sich die genehmigende Behörde personell und zeitlich nicht in der Lage, ihre selbst erstellten Genehmigungsauflagen zu prüfen, verlangen wir eine kostenfreie Kopie der vollständigen Genehmigungen in Papierform, um ggf. eine Kontrolle der Einhaltung der Abschaltzeiten und weiterer Auflagen vornehmen zu können.
Der Verein Seeadlerschutz Schlei e.V. behält sich vor, jede Genehmigung einer rechtlichen Überprüfung zuzuführen und dann weitere Schritte einzuleiten.